"Zukunftsfähigkeit"
63. MMM-Kongress, München
Ich glaube, es war meine 4. oder 5. Teilnahme an diesem jährlich stattfindenden Kongress und ich habe es erneut sehr genossen! Tolle Speaker! Klasse Atmosphäre. Angenehme Menschen. Intellektuelle Bereicherung. Wiedersehensfreude mit alten und neuen Bekannten. Catching up: wo stehen wir heute, was bewegt uns, wo wollen wir hin, was ist uns wichtig, wofür brennen wir, was haben "abgewählt". Was treibt uns privat an, was sind die Punkte im "Geschäft", die uns Spaß machen und vor allem, warum machen wir was wir machen. Das waren so die Gesprächsthemen, die ich hatte.
Komplett entspannt. Und jedes Mal freue ich mich auf die zufälligen Begegnungen, die einfach geschehen und die (fast) immer super interessant sind. Hat sicher was mit dem "Universum" zu tun:-'). Und hier an dieser Stelle nochmal zur Historie: Meine erste Teilnahme an diesem Kongress war motiviert durch eine KeyNoterin, die ich von IKEA kannte. Sie hatte mich vor 26 Jahren eingestellt, da begann meine Corporate Zeit (danach ging ich dann - ist ja bekannt - in die Lebensmittelindustrie). Mein Gedanke: Zu dem Kongress gehst Du, Du wirst Petra wieder treffen. Und so war es! Viele hundert Teilnehmer und ich bin Petra nach mehr als 20 Jahren wieder in die Arme gelaufen..... Also das mal in Sachen "Universum".....
Und es ist wie immer mit Netzwerken. Beim ersten Mal bist Du total verunsichert, weil Du kaum jemanden kennst. Beim zweiten Mal weißt Du, wo die Nasszellen sind. Beim dritten Mal merkst Du nach und nach, dass die Menschen dich wiederkennen und ganz gern mit Dir plaudern. Beim vierten Mal verstärkt sich der Trend vom dritten Mal. Und so weiter. Bis es für mich dann irgendwann so sein wird, wie beim DDIM Kongress. Fast jeder dort weiß, wer und was ich bin. Super entspannt und angenehm. Soweit meine "persönliche" Einschätzung.
Meine "fachliche" Einschätzung zu den Speakern in diesem Jahr: Wirklich großartig!
Was unten kommt, sind die Kernaussagen und Worte der Speaker, wenn ich etwas sage und meine, mache ich das deutlich im Text.
Florence Gaub
Hatte ich schonmal in Podcast der ZEIT (Alles gesagt) gehört, super interessanter Input. Über die Geschichte des Einflusses. Die Unterscheidung von Wunschdenken (lernunfähig) und Optimismus (ist nicht blind). Pessimismus ist die faule Haltung eines Snobs. Optimismus erfordert mehr kognitiven Aktionismus als Pessimismus. Man überschätzt, was man in einem Jahr schaffen kann und man unterschätzt, was man in drei Jahren schaffen kann. Also schaut länger in die Zukunft, das ist erfolgreicher. Alles was wir haben, fusst auf Visionen. Macht eine Vision und daraus dann einen Planungsprozess. Zukunftsangst kommt von Visionslosigkeit!
Clemens Fuest
Seit der Pandemie investieren die Unternehmen deutlich weniger. Dekarbonation erfordert deutlich mehr Investitionen. Wir haben F&E Invest in Autos, aber nicht in Sprungtechnologien. Amazon allein investiert mehr in F&E als die große Volkswirtschaft Frankreich. Trump und Zölle? Von unserem Export gehen 10 % in die USA. Also: wir sind hier nicht so abhängig.
Ahmad Mansour
Unsere Ambiguitätsintoleranz steigt. Durch die Revolution der sozialen Medien. Wir suchen nach Schwarz-Weiß (was es nicht gibt), Eindeutiges (was es nicht gibt) wird von den Populisten kommuniziert (und gehört). Jetzt gerade im Moment versagen wir gegen die Propagandamaschinen der vorgegaukelten Eindeutigkeit. Kriege werden auf TikTok gewonnen. Wir sind im Post-Faktischen Zeitalter. Zukunftsangst = Überforderung = Entlastung gesucht = Angebot der Populisten. Integration ist mehr als Sprache + Arbeit - Kriminalität!!! Beide Pole sind falsch (Ausländer raus // kein Mensch ist illegal) und über das Dazwischen wurde nie geredet. Wir in der deutschen Gesellschaft formulieren keine Erwartungen an die Menschen, die zu uns kommen. Weil wir verunsichert sind. Toleranz bedeutet nicht Schweigen. Integration ist ressourcenabhängig, das müssen wir im Klartext deutlich machen. Sicherheit, Wohlstand und Freiheit. Meine Werte in Deutschland. (MEINE Anmerkung: Top Vortrag, super authentisch der Mann und sehr interessant, dass uns ein Deutscher mit Migrationshintergrund hier so den Spiegel vorhält!).
Ingo Zamperoni
Der Super Bowl ist eines der wenigen verbliebenen Lagerfeuer in den USA, wo die Menschen noch zusammenkommen, ohne von der Polititk zerrissen zu sein. Wir leben in einer Vertrauensillusion in Richtung USA, denn wir preisen keine kulturellen Unterschiede ein, wie z.B. in Richtung China. Was Trump sagt: take it seriously, but not literally. In der Politik der USA verschiebt sich die Aufmerksamkeit vom Atlantik Richtung Pazifik. 2026 werden die USA 250 Jahre alt. Und wir werden uns auf mehr Transaktionalität einstellen müssen.
Marc Schumacher
Vergiss die Alterskohorten (Gen Z et al), wir leben in der GenT (Generation Transition), das IPad wird vom 2jährigen bis zum 82jährigen genutzt, wir haben überall Digitalität und leben aufgrund der Permakrise in einer Zeit der Enthabitualisierung. Der exogene Schock der Pandemie hat u.a. dazu geführt, dass wir einen "post-future-hangover" haben, wir denken, wir kriegen nix mehr hin (Gender, Umwelt). What happened to body-positivity? Ozempic? Und keine Diabetesmittel mehr? Seriously? Die Aufstiegsnarrative werden nicht mehr gekauft in den heutigen disruptivsten Zeiten der Geschichte. Wir sind im "Nowism": Property is off, Experience is on. Unser TikTokBrain verlangt nach instant gratification. Die Leute essen Chiasamen-Bowl und koksen. Wie geht das zusammen?? Wir haben eine Rennaissance of the tangible (des Konkreten, des Greifbaren). Wir müssen Angebote machen für die überdigitalisierte Gesellschaft und Community Management gestalten.
Maximilian Lude
2015 gab es den ersten 3 D Drucker, 2025 machen wir damit Fleisch und Häuser. Es gab 50k Tesla, heute 1.7 Mio. Die Realität ist exponentiell, aber wir können nur linear denken. JMRI to Image: "Gedankenlesen" funktioniert, wir denken an einen Bus und ein Bus wird als Photo erzeugt. Nur durch Gedanken.... AI makes us more human, weil wir mehr Zeit haben (Meine Anmerkung: 100 % Dissens!). Es gibt Agentic KI und ein uncanny valley irgendwann, wo wir Roboter nicht von Menschen unterscheiden können (Meine Anmerkung: YES!! Denke an WestWorld mit Yul Brunner aus den 80ern!). The second mouse gets the cheese. Augustiner Hell, Alkfrei, voll der Hype auf Kleinanzeigen. Wir haben eine totale Influencer Marketing Bewegung, Personal Brands sind das Ding.... Und die Vereinsamung der Leute... Be pilot in your plane. Focus on what you can influence!
M. und S. Marquardt
Kakao wird weniger, in den nächsten Jahren (Dürren, Klima, Wasser, Krankheiten et al) werden 50 % der Anbauflächen wegfallen. In einem Jahr 170 % Preisanstieg für Kakao. 2021 ging es bei uns los, Schokolade aus Sonnenblumenkernen. Funktioniert. Macht Spaß. Wir sind im LEH. (Anmerkungen von mir: klasse Modell, klasse Produkte...Tolles Gründer-Geschwister-Paar mit einer tollen Idee/Umsetzung).
Stefan Sagmeister
Das Positive ist langweilig. Je kürzer die Zeitspanne der Nachrichten, umso negativer. Positive Dinge brauchen lang. Amygdala: Das Negative geht sofort durch (unser Steinzeit-Hirn). ABER: Jede menschliche Entwicklung ist in der Langzeitbetrachtung besser geworden (Hunger, Sterblichkeit, Kriege, Demokratien et al). 100 k Menschen weltweit zwischen 15 und 25 Jahren wurden befragt. 55 % sagten, die Menscheit gehe zugrunde. Verzweiflung bemächtigt nicht, sie lähmt. Wie bringe ich Positives in die Welt, das nicht langweilig ist? Was sind meine reasons to be cheerful? Nur wenn es mir gutgeht, bin ich nützlich. Lieber Sachbücher lesen, als auf Twitter scrollen. Kunst und Kultur ersetzt die Kirche (Kirchen leer, MoMA voll). Now is better!!!!
(Meine Anmerkungen: krass interessanter Mann, viele Graphiken an der Wand, die hier nicht wiederzugeben sind, gern mal im Ted Talk schauen, er ist weltweit unter den Top 3 TedTalk Speakern)
Boris Palmer
Die Verpackungssteuer von Tübingen wurde kürzlich vom BVerG als rechtmäßig erachtet. Nachdem das VG Mannheim vor Jahren meinte, dass es ein "Verbesserungsverbot" für die Kommunen gäbe. Es gibt manchmal auch zu wenig Bürokratie, nämlich veraltete (genehmigte) Hubschraubertiefflugstrecken aus 1955, die einen Windpark verhindert haben, weil die BW das nicht ändern wollte, aus Angst vor Klagen besorgter Bürger. Und das ist eines der Probleme (was ich, Thomas Schulz, vollumfänglich teile!!), nämlich die Risikovermeidungsstrategie staatlicher Akteure aus Angst vor den Abwehrrechten der Bürger, die mit den Anspruchsrechten der Bürger vermengt sind (meine Anmerkung: das ist es ja: wir sind selber schuld. Weil wir deutsche Bürger immer schauen: was ist mein Anspruch- und was ist mein Abwehrrecht. Und das sage ich als Rechtsanwalt). Die Überregulierung ist demokratiegefährdend. Denn wenn die Akteure (hier der Bürgermeister, der noch ein paar kabarettreife Beispiele von Regulierungsirrsinn gab) selber nicht verstehen, warum sie etwas machen (müssen), dann ist es kein Wunder, wenn der Bürger es nicht versteht. Bürokratieabbau ist ein ethisches Desiderat!!!
(Meine Anmerkungen: krass interessanter Mann, viele Ideen, große Umsetzungsklarheit und Glaubwürdigkeit. Dem die Öffentlichkeit vielleicht öfter mal ungerecht entgegengetreten ist. Seine klaren (und differenzierten) Aussagen zur Migrationspolitik würden und werden heute anders gehört.
Wrap-Up
Wie ich oben schon schrieb. Toller Input, viel Food for Thought. Was ja für mich als Interim Management Provider nur für die Lebensmittelindustrie in der Natur der Sache liegend sehr sehr wichtig ist.
Und die beiden Männer auf dem Photo sind mein Kollege Dr. Tim Rau als geschäftsführender Gesellschafter von den RAU CONSULTANTS und ich als geschäftsführender Gesellschafter von RAU INTERIM.
Ich freue mich schon heute auf den 64. MMM-Kongress in 2026.
"Denn die Zukunft ist weit offen. Sie hängt von uns ab. Von uns allen". Karl Popper.